Blutzeugen by Marco Sonnleitner

Blutzeugen by Marco Sonnleitner

Autor:Marco Sonnleitner [Sonnleitner, Marco]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2013-01-20T23:00:00+00:00


Bartholomäus Kammerlander machte die Tür des Audis auf, hielt inne, machte sie wieder zu und starrte über das Autodach hinweg ins Leere.

Josef Kreuzpointner drückte auf den Knopf und ließ das Beifahrerfenster herunter. »Was ist?«

»Gleich«, sagte Bartholomäus tonlos. Die Vorstellung ging ihm nicht aus dem Kopf. Wieder und wieder tauchten die Bilder auf. Wolfgang Stransky nackt, weinend, wehrlos, machtlos, weil ihm dieses Scheusal irgendetwas erzählt hatte, vornübergebeugt, dahinter ein Schemen, groß, blass, stöhnend, der immer wieder zustieß – Bartholomäus Kammerlander schloss die Augen. Keine gute Idee. Da wurde alles nur noch deutlicher. Sehen, schauen, hören, irgendetwas. Er riss die Tür auf und stieg ein. Er zitterte. Nicht die Hände, nicht sichtbar. Innerlich, er zitterte innerlich. Hielt seine Fäuste fest, damit er nicht gegen das Armaturenbrett schlug.

»Machst du bitte das Radio an? Irgendwas Lautes.«

Kreuzpointner sah Bartholomäus von der Seite an. Dann stellte er das Radio an und suchte nach lauter Musik.

»Passt des?«

Queen. Another one bites the dust. Na toll. Aber wenigstens laut. Bartholomäus nickte. Dann fuhren sie los.

Die Behindertenwerkstätte in Planegg war eine alte, einstöckige Jugendstil-Villa mit grünen Läden vor den großen, bemalten Fenstern und einer Art Kuppel über dem Hauseingang. Ein breiter Plattenweg führte durch den Garten, in dem ein rundes Bassin wie ein schwarzes Riesenauge in den Himmel starrte. Büsche und große Bäume verwehrten an vielen Stellen den Blick auf das Grundstück. Zumindest im Sommer. Als Bartholomäus Kammerlander ausstieg, sah er zu dem kleinen Park auf der anderen Straßenseite. An einer Stelle steckte noch immer eine Flasche im Schnee, aus der die Raketen abgefeuert worden waren.

Ralf Schoppmann, ein schmaler Mann mit dünner Brille und Mittelglatze, empfing sie in seinem Büro. Um seine Lippen lag ein vergrämter Zug und in seinem Blick konnte Bartholomäus Unsicherheit und Angst lesen. Außer ihm befanden sich noch vier weitere Personen im Raum. Zwei Männer und zwei Frauen, die Schoppmann nacheinander vorstellte und denen Furcht und Selbstvorwürfe aus den angstgeweiteten Augen sprangen.

»Das sind alle Ihre Mitarbeiter?«, fragte Bartholomäus.

»Gudrun ist drüben bei der Gruppe. Wenn Sie einen von uns nachher nicht mehr brauchen, wird er rübergehen und sie holen.«

»In Ordnung.«

Bartholomäus und Kreuzpointner hatten verabredet, die Katze erst am Ende aus dem Sack zu lassen. Bis dahin hätten sie Gelegenheit, die einzelnen Mitarbeiter kennenzulernen und einzuschätzen. Außerdem würde es auch so schon schwierig genug werden, sie zum Reden zu bringen.

Die Kriminalisten forderten jeden der Anwesenden auf, die betreffenden Minuten aus seiner Sicht zu schildern. Ganz bewusst hatten sie dabei darauf verzichtet, jeden einzeln zu befragen. Vielleicht erinnerten sie sich zusammen an Details, die ihnen ansonsten entfallen wären.

Die Befragung ging mühsam vonstatten, lieferte keinerlei neue Erkenntnisse und war vor allem von der Absicht der Mitarbeiter geprägt, unbedingt den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Keiner wollte einen Fehler gemacht haben, jeder war aufmerksam und nur auf das Wohl der ihm anvertrauten Schützlinge bedacht gewesen, Schulterzucken, Blicke zu Boden gesenkt.

»Aber wer war denn jetzt für Wolfgang Stransky zuständig?«, hakte Kreuzpointner noch einmal nach. »Verstehen Sie mich richtig. Es geht uns nicht um Schuldzuweisungen, sondern nur um das, was einer von Ihnen möglicherweise beobachtet hat.



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